Neugeborenen-Gelbsucht !

 

Ab sofort können wir in unserer Praxis den Schweregrad der Neugeborenen-Gelbsucht mit einer unblutigen Messung über die Haut exakt und ohne Zeitverzögerung bestimmen.

Warum gibt es die Neugeborenen-Gelbsucht?

Der gelbe Farbstoff „Bilirubin“ ist ein Abbauprodukt des roten Blutfarbstoffs „Hämoglobin“. In der Leber wird das Bilirubin an eine Substanz (Glukuronsäure) gekoppelt, damit wasserlöslich und kann ausgeschieden werden. Dies geschieht bei Neugeborenen genauso bei Kindern oder Erwachsenen. Allerdings ist der Stoffwechsel bei Früh- und Neugeborenen noch nicht optimal: u.a. fällt relativ mehr Bilirubin an, weil die Hämoglobinkonzentration hoch und die Lebensdauer der Blutzellen (Erythrozyten) verkürzt sind, außerdem kann die unreife Leber Bilirubin weniger gut verarbeiten.

Im Gehirn des Neugeborenen kann das Bilirubin schwere Schäden verursachen. Um dies zu vermeiden, dürfen bestimmte Grenzwerte nicht überschritten werden!

Wie häufig ist die Gelbsucht, worauf muss man achten?

Die Hälfte aller Neugeborenen und 80% aller Frühgeborenen entwickeln 2-3 Tage nach Geburt eine Gelbsucht (Ikterus), die am 4.-5. Tag ihren Höhepunkt erreicht. Bestimmte altersabhängige Grenzwerte dürfen nicht überschritten werden. Ist der Ikterus sehr stark ausgeprägt kann es zu schweren Hirnschäden kommen. Nach der Geburt achtet ihre Hebamme in der Klinik und bei den Besuchen zu Hause sehr genau auf eine Gelbfärbung der Haut und der Augen des Neugeborenen. Wenn der Eindruck entsteht, dass die Gelbsucht zu ausgeprägt sein könnte, muss das Bilirubin gemessen werden.

Welche Kinder sind gefährdet?

Eine besondere Gefährdung für hohe Bilirubinwerte gibt es bei folgenden Konstellationen:

  • Gelbsucht innerhalb von 24 Stunden nach der Geburt
  • Blutgruppenunverträglichkeiten
  • Geburt vor der 38. Schwangerschaftswoche
  • Saugglocke, Kephalhämatom
  • Stillen (TROTZDEM NATÜRLICH STILLEN!!!)
  • Starker Gewichtsverlust

Wie wird das Bilirubin gemessen?

Das Bilirubin wird routinemäßig im Blut bestimmt. Hierzu ist eine Venenpunktion oder eine kapillare Blutentnahme erforderlich, die naturgemäß schmerzhaft ist. Da die Probe im Labor verarbeitet werden muss, dauert es außerdem einen halben bis einen Tag, bis ein Ergebnis vorliegt.

Seit einiger Zeit kann die Höhe der Bilirubin-Konzentration auch über die Haut (transcutan) gemessen werden. Dies geschieht photometrisch mit einer Xenon-Lichtquelle im blauen und grünen Bereich des Lichtspektrums. Die Messung ist für das Kind ohne Nebenwirkungen, völlig schmerzfrei und kann beliebig oft wiederholt werden. Der Sensor des Messgeräts wird dazu lediglich auf der Haut über dem Brustbein gesetzt (Abbildung). Die Reflexion des Lichts ist ein sehr genaues Maß für die Bilirubin-Konzentration im Blut.

Was ist bei Gelbsucht zu tun?

Wird ein (zu) hoher Wert gemessen, muss ggf. eine Lichttherapie (Phototherapie) eingeleitet werden. Dies kann nur in der Klinik geschehen und der Bilirubinwert wird vorher noch einmal im Blut kontrolliert. Die Neugeborenen-Gelbsucht wird mit „normalem“ Tageslicht therapiert, nicht mit UV-Strahlen! Als besonders effektiv hat sich der „blaue“ Anteil im Lichtspektrum bei 450nm erwiesen. Das Licht spaltet das nicht-konjugierte Bilirubin photochemisch zu Lumirubin, welches wasserlöslich ist und über die Galle in den Stuhl oder über die Niere im Urin ausgeschieden werden kann. Durch den rechtzeitigen Einsatz der Phototherapie und anderer Maßnahmen können  Hirnschäden heute glücklicherweise sicher vermieden werden.

Die Phototherapie hat wenige Nebenwirkungen. Die Wichtigste ist die Trennung von der Mutter durch die Pflege im Brutkasten in der Kinderklinik. Gelegentlich gibt es Probleme beim Stillen. Phototherapie kann zu Temperaturerhöhung und insensiblem Wasserverlust führen. Epidemiologische Untersuchungen beschreiben eine schwache statistische Assoziation zwischen Phototherapie und dem späteren Auftreten von Hautveränderungen wie melanozytischen Naevi oder Café-au-lait-Flecken sowie zwischen Phototherapie und akuter myeloischer Leukämie (AWMF-Leitlinie Neugeborenen-Gelbsucht 2015).

Transcutane Messung in der Praxis

Ab sofort können wir in unserer Praxis die transcutane Bilirubinmessung mit einem Messgerät der neuesten Generation (Dräger JM-105, Abbildung) anbieten. Der Messwert liegt sofort vor und es kann entschieden werden, ob eine Klinikeinweisung nötig ist oder ob abgewartet werden kann. Mit einfachen vorbeugenden Maßnahmen kann in vielen Fällen die Klinikeinweisung noch vermieden werden. Wichtig ist deshalb ein optimales Stillmanagement, ggf. mit Zufüttern von Formula, während Tee, Glukose oder Wasser oder parenterale Flüssigkeit in Bezug auf eine Unterbrechung des enterohepatischen Kreislaufs nicht wirksam sind. Gestillte Neugeborene haben zwar im Durchschnitt 1 bis 2mg/dl höhere maximale Bilirubinspiegel als Formula-ernährte Kinder und einen höheren postnatalen Gewichtsverlust. Bei gestillten Kindern können durch die zusätzliche Gaben von kleinen Mengen partiell hydrolysierter Formula (6 x 5 ml) die Serumbilirubinwerte auf das Niveau von formula-ernährten Kindern gesenkt werden (AWMF-Leitlinie Neugeborenen-Ikterus 2015).

Die transcutane Messung kann jederzeit wiederholt werden, um den Verlauf der Gelbsucht zu kontrollieren.

Was kostet die Messung?

Leider ist diese neue und für das Kind schonende Methode bislang keine Leistung der kassenärztlichen Versorgung! Um Anschaffung und Unterhalt dieses mehrere tausend Euro teuren Gerätes zu refinanzieren, können wir Ihnen diese Untersuchung nur als individuelle Gesundheitsleistung anbieten:

Erste Messung nach GOÄ (1.69 x Ziffer A602)        à € 15,00

Alle weiteren notwendigen Messungen pauschal à € 15,00

Wenn Sie Fragen zur Gelbsucht oder zur Bilirubinbestimmung haben wenden Sie sich an Ihre Hebamme! Sie wird Ihnen über die verschiedenen Aspekte der Neugeborenen-Gelbsucht Auskunft geben können. Bei speziellen medizinischen Fragen können Sie sich auch gerne an uns wenden.

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